Die Pfarr- und Dekanatskirche, Petrus und Paulus geweiht, wurde 1295 erstmals genannt, dürfte aber schon gut 30 Jahre vorher entstanden sein. Von der mittelalterlichen Anlage ist nur mehr der Unterbau des Westturmes weiterverwendet worden. Der übrige Bau wurde gänzlich abgerissen und von 1709 - 1715 durch eine größere Kirche ersetzt. Baumeister war Remigius Horner. Er kombinierte wie in vielen seiner Kirchen ein einschiffiges Langhaus mit einer weiträumigen Dreikonchen-anlage, deren mittlerer Teil den Altarraum bildet. Der schmalen Westfassade ist ein quadratischer Turm aufgesetzt. Sein achteckiges Glockengeschoß mit dem Laternenhelm ist zum Kennzeichen der Ortsansicht geworden.
Volksaltar und Ambo 2015 von Wolfgang Becksteiner, Graz, entworfen, Ausführung: Schlosserei Mosbacher, Birkfeld; Material: Stahl T-Träger
Der Altar der Pfarrkirche Birkfeld von Wolfgang Becksteiner
„Der Altar ist gleichsam der Ort des aufgerissenen Himmels; er schließt den Kirchenraum nicht ab, sondern auf – in die ewige Liturgie hinein."[1]
Gerade dem Betonierer unter den österreichischen Künstlern scheint es vorbehalten gewesen zu sein, mit seiner originären Altargestaltung, der Einfachheit bei gleichzeitiger Stabilität und Offenheit bei gleichzeitiger Wahrung der Form einer neuen, reformorientierten Kirche Ausdruck zu verleihen.
Form
Der christliche Altar durchlief im Laufe seiner Entwicklung verschiedene formale Ausgestaltungen und erfuhr dementsprechend unterschiedliche Bedeutungszuschreibungen. Im ersten Jahrtausend wurde er meist in Form eines Tisches ausgeführt, im Sinne der mensa domini, die an das letzte Abendmahl erinnerte. Durch die zunehmende Reliquienverehrung hat sich parallel dazu eine Kastenform ausgebildet, die schlussendlich zu einer Blockform führte, die beide Ausprägungen in sich vereinigte. Dadurch, dass man die Reliquien nicht länger im Boden unter dem Altar, sondern in dessen Stipes verwahrte, wurde der Altar immer stärker als das Grab der Heiligen betrachtet, was in der Neuzeit zur Ausbildung einer Sarkophagform führte. Die Altargestaltung von Wolfgang Becksteiner für die Pfarrkirche von Birkfeld nimmt Bezug auf diese unterschiedlichen formalen Bedeutungsebenen und entwickelt sie in einer dezidiert zeitgenössischen Ästhetik weiter.
Material
Die jeweilige Materialität des Altars wurde zeit der Geschichte immer wieder für symbolische Deutungen herangezogen. Handelte es sich anfangs um einen tragbaren Tisch aus Holz, der in Referenz auf das letzte Abendmahl räumlicher Ausdruck der Versammlung mit und um Christus war, so kehrte mit der Etablierung der christlichen Kirche ab dem 4. Jahrhundert die neu gewonnene Stabilität auch in die Altargestaltung ein: Der Holztisch wurde durch einen Steintisch ersetzt und als Christussymbol gelesen: Christus als lebensspendender Fels (1 Korintherbrief 10,4), als Eckstein (1 Petrusbrief 2,7f), als Schlussstein (Epheserbrief 2,20) oder lebendiger Stein (1 Petrusbrief 2,4).
Wolfgang Becksteiner hat für seine Gestaltung des Altars von Birkfeld normierte Stahlträger verwendet und sich damit einer Form und eines Materials bedient, das zum Standardrepertoire der zeitgenössischen Architektur zählt. Natürlich wurde auch in früheren Jahrhunderten Metall für Altargestaltungen verwendet, jedoch nur in Form von Edelmetallen, wenn die mensa mit Gold oder Silberblechen versehen oder die Stipes aus Bronze angefertigt wurde. Eisen ist verglichen dazu nicht nur ein äußerst einfacher und unedler Werkstoff, sondern auch stärker mit Qualitäten wie Stabilität, Beständigkeit und Funktionalität verbunden. Das sogenannte T-Profil ist Träger jeder baulichen Konstruktion, nimmt deren Lasten auf und verteilt die Kräfte, die auf es einwirken. Metall hat die Eigenschaft Energie zu leiten und die T-Form die Funktion, Kraft abzuleiten und umzuverteilen. Der Altar wird in diesem Sinne zu einem Ort, auf den Kräfte einwirken und von dem die Energien weitergeleitet werden, zu einem Kraftort, der die Wirkmächte weitergibt.
Symbol
Edelstahlträger, wie die für den Altar verwendeten T-Profile, werden überwiegend aus Altmetall und Schrott hergestellt und lassen sich nach ihrer Nutzung auch wieder zu neuen Edelstahlprodukten recyceln. Die Verwendung eines alltäglichen Bauelements, das in einen Kreislauf von Rückführung und Erneuerung eingebettet ist, ist durchaus symbolisch zu verstehen.
Ein handwerklich arbeitender Künstler wie Wolfgang Becksteiner weiß natürlich auch, dass der Querteil eines T-Profils Gurt und der senkrechte Mittelteil Steg genannt wird und damit Begriffe tragen, die wir im Alltag und gerade in Bezug auf die Heilsgeschichte mit anderen Assoziationen verbinden. Becksteiner umgürtet mit dem Stahlträger eine Mitte, die leer bleiben muss, da sich das Zentrum des Glaubens einer Visualisierung entzieht. Der Steg des Eisenträgers steht dabei symbolisch für den schmalen Weg, der ins Himmelreich führen soll. Des Weiteren fungiert die T-Form in der Mythologie des alten Orients in der Form des Taukreuzes als Symbol für Vollendung, was für die Überlegungen des Künstlers nicht unwesentlich war.
Becksteiner hat den Altar aus 19 aneinandergereihten quadratischen Metallrahmen konstruiert. Es ist bezeichnend für seine Herangehensweise, dass er den Altar nicht aus einem massiven Block geformt hat, sondern aus einzelnen Elementen eine Einheit bildet, die erweiterbar bleibt. Er verweist damit auch auf die einzelnen Glieder, die laut Paulus (Röm. 12, 4-5.) die christliche Gemeinschaft bilden. Diese offene Struktur ist ein wesentliches Charakteristikum der neuen Gestaltung. Wenn nämlich der Altar nichts anderes „als ein Bild für den Leib Christi“ ist, wie der Kirchenvater Eusebius schreibt, dann zeigt Becksteiner die Transparenz dieses Körpers, die Auflösung der irdischen Schwere und in letzter Konsequenz die Dematerialisierung und Himmelfahrt.
Perspektive
Das Gebet, das am Altar gesprochen wird, richtet sich nicht an Christus, sondern durch ihn an den Vater. Der Altar ist somit nicht nur statischer Ort der Anbetung, sondern Verkörperung einer Bewegung, nämlich des Weges zum Herrn hin. Diese Bewegungsrichtung hat Becksteiner mit seiner Altargestaltung in Birkfeld umgesetzt. Er hat einen Altar geschaffen, der sich gen (Himmels)Gewölbe hin entmaterialisiert und als bloße Lichtspur, als Schatten im Haus Gottes sichtbar bleibt, und in der Gegenbewegung zugleich einen Altar, der sich inmitten der Gemeinschaft Gottes materialisiert, im Sinne des Wortes Gottes, das Gestalt angenommen hat, denn „wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt. 18,20)
Wolfgang Becksteiner hat einen Altar geschaffen, der sowohl zeitgenössisches Bild für den Leib Christi und symbolischer Kraftort ist, als auch Sinnbild für Transformation und Wandel. Als dieses schließt es den Kirchenraum weit auf und ermöglicht neue Perspektiven und Anknüpfungspunkte für jeden, der diese Kirche besucht.
Roman Grabner, 2016
[1] Joseph Kardinal Ratzinger, Geist der Liturgie. Eine Einführung. Freiburg/Basel/Wien 2000, 62f.
Prächtiger Rosenkranzaltar, ein Meisterwerk des Bildhauers Philipp Jakob Straub
1765 von Ferdinand Schwarz gebaut, Gehäuse und Figuren ebenfalls von Philipp Jakob Straub. Die Orgel gehört zu den wichtigsten Klangdenkmälern der Steiermark aus dem 18. Jahrhundert.
Bemerkenswert ist eine noch teilweise vorhandene wehrhafte Kirchhofmauer mit einem barockisierten Wehrturm aus dem 15. Jahrhundert.